Testbericht aus "Gitarre und Bass"



Lang

Lang keine Gitarre mehr von einem deutschen
Gitarrenbauer in der Hand gehabt? Doch, doch, die
lassen sich ja gar nicht mehr übersehen - vor allen
Dingen seit der Dollar die Importe dauerhaft verteuert.
Wie schön für uns Spieler, denn die Vielfalt der
Konkurrenz belebt offenbar nicht nur das Geschäft,
sondern treibt gar feine Blüten. Keine Spur von Lang-
weiligkeit also, auch wenn die Lang-Zeitfolgen
abzuwarten bleiben.



Die gekochte Lang-uste wird rot - was mit
erhitzten Katzen passiert weiß ich gottlob
nicht. Red Cat klingt jedenfalls griffig und
soll wohl auch nicht unbedingt nach
Schmusekatze klingen. Aus Mannheim
kommt das flammend getigerte Raubtier, wo
Andreas Lang den "Mannheim Repair Shop"
betreibt. Wer tagein, tagaus Gitarren wartet,
umbaut, repariert und restauriert, der sollte im
Laufe der Zeit ein Gefühl für die klangliche
Balance einer Gitarre bekommen, sonst
blieben wohl auch die Kunden weg. Warum
also nicht die erworbenen Erfahrungen
umsetzen und selbst Instrumente bauen?

konstruktion
Ein Ergebnis der erfolgreichen Bemühungen
liegt vor und hübsch ist sie geworden, die rote
Katze. Nun, die Konstruktion scheint nicht
gerade neu, aber dem ersten scharfen
Inspektionsblick setzt sie tadelloses
Handwerk und besten Materialeinsatz
entgegen. Das Korpus-Design entspringt
formal gesehen weitgehend der Thin-Line-
Tele, allerdings offenbart genaueres
Hinschauen dann doch gravierende
Unterschiede. So haben wir es zunächst mit
einer massiven Decke aus hochklassigem
Ahorn zu tun, schön geriegelt und aus zwei
Teilen mittlings gefügt. Das "Soundboard"
misst nur 3 mm in durchgehender Stärke und
wurde mit filigranen Bracings auf der
Rückseite verstärkt, eine bei E-Gitarren sehr
selten zu beobachtende Maßnahme. Das
einzelne "Slash Soundhole" will die
Eigenständigkeit betonen. Die Decke sitzt auf
einem einteiligen Kern aus amerikanischer
Esche, der abgesehen von einem (weithin)
durchgehend soliden Block in der Mitte und
den gut 1 cm stark belassenen Zargen
weitgehend ausgefräst ist, folglich im unteren
und oberen Korpusbereich große
Klangkammern aufweist. Der Boden aus
ebenfalls zweigeteiltem, massivem Ahorn ist
wie die Decke mit stabilisierenden Leisten
versehen. Eine kleine kreisrunde, von einem
Perloid-Deckelchen verschlossene Öffnung
gewährt Blick auf die sauber verdrahteten
Potis und eine auch inwendig rundum seriöse
Verarbeitung. Eingebunden ist der Korpus
hinten wie vorn von cremefarbenen
Kunststoffbindings.

Aus einem Stück wurde der Hals aus
fabelhaft geriegeltem Ahorn geformt und mit
einem Palisander-Griffbrett verbunden, das
21 exzellent verarbeitete Bünde (Dunlop
6105) trägt. Sauber und fest sitzt der mit vier
Schrauben über eine unterlegte Metallplatte
gekonterte Hals in seinem Schuh; um den
eingelegten Stahlstab zu verstellen, empfiehlt
es sich allerdings den Hals abzunehmen, da
der Hals-Pickup nah an das Griffbrett
heranreicht. Perlmuttene Dots an den
üblichen Stellen im Griffbrett und deren
minimalisierte Pendants auf der Sichtkante
weisen den Weg zur korrekten Tonhöhe. Für
Stimmung sorgen Grover Mini-Rotomatics;
zwei Stringtrees bringen den nötigen
Saitendruck von der parallel nach hinten
versetzten Kopfplatte auf den Sattel aus
poliertem Knochen. Unser Kätzchen verfügt
übrigens über eine ausgewachsene Mensur
von 650 mm.

Als Tonabnehmer finden sich ein Gibson
Mini-Humbucker in Halsposition und ein
Fender Vintage-Singlecoil in der wie üblich
leicht diagonal zum Saitenverlauf auf eine
Platte montierten Stegposition des Tele-
Twangers. Von Gotoh stammt die moderne
Version der bewährten Brücke mit 6
variablen Einzelreitern und Fädelhülsen zur
Saitenführung durch den Korpus. Die
Schaltung ist wenig überraschend mit jeweils
einem einzeln gesetzten Volumen- und
Tonregler, sowie einem Toggleswitch für die
Pickup-Wahl ausgelegt.

Der saftig rote Korpus ist wie auch der Hals
mit klarem DD-Lack perfekt versiegelt; alle
technischen Arbeiten zeigen bestes Niveau.


praxis
Mit nur 3 Kilogramm ist die rote Katze von
angenehmer Leichtigkeit und nun ja, lässt
aber den Kopf etwas hängen. Die Fräsung im
hinteren Teil des Sustain-Blocks war
vielleicht doch etwas zuviel des Guten, aber
keine Panik (huch, der schon wieder), Katzen
sind nun mal eigensinnig und sobald man sich
auf sie eingestellt hat (nicht etwa umgekehrt),
schnurren sie wie ein Uhrwerk, oder? Werden
wir wohl gleich sehen/hören. Der Hals ist
jedenfalls "nix für Mädchen" wie Rudi immer
sagt - nicht dass er breit wäre, nö das nicht
(Rudi übrigens auch nicht), aber 21 mm
Dicke im 1. und 25 mm im 12. Bund geben
einem schon richtig was in die Hand. Das
Profil wurde eher rundlich gestaltet und es
fühlt sich fest und gut an.

Der akustische Test, und hier kann man dank
der Ausfräsungen auch durchaus davon
sprechen, fällt vielversprechend aus. Die Red
Cat zeigt eine schöne allgemeine
Beweglichkeit, springt schnell in die
Schwingung und glänzt mit einem
beachtlichen Sustain für einen geschraubten
Hals, das aber vor allen Dingen auch
gleichmäßig über das gesamte Griffbrett
verteilt ist und selbst in den letzten hohen
Lagen noch Kraft besitzt, holla! Die
perkussive Artikulation, bedingt durch die
Konstruktion, stattet Einzeltöne, aber auch
Akkorde mit guter Kontur aus und sorgt für
eine ansprechende allgemeine Transparenz in
den Stimmen - jetzt aber elektrisch.

Yes, der erste Eindruck wird auch über die
Pickups transformiert in der Summe bestätigt.
Die beste Entsprechung zum akustischen
Klangbild gibt die Zusammenschaltung der
beiden ungleichen Tonabnehmer im Clean-
Sound ab. Da kommt all die lebendige Kraft
zum Ausdruck, die schon trocken gespielt
kaum an sich halten kann. Die Wärme und
Tiefe des Mini-Humbuckers mischt sich
elegant mit dem Biss und der Präsenz des
Tele-Vintage-PUs, so dass ein überaus
reicher, dynamischer und dennoch kompakter
Akkordsound entsteht. Obertonreich und
sensibel reagiert die Katze auf den Anschlag;
selbst die Position über dem Hals
unterscheidet sich farblich recht deutlich von
der über dem Hals-Pickup, um nach hinten
hin fast wie durch einen Filter gespielt an
Härte zuzunehmen. So ein farbenfrohes
Registerspiel bekommt man nicht alle Tage
geboten. Einzelnoten bringen ähnliche
Empfindsamkeiten im Anschlag ans Ohr. Mit
schön hohlem Anteil knackt der Ton und
springt förmlich vom Griffbrett.
Umgeschaltet auf den einen, wie auf den
anderen einzelnen Tonabnehmer scheint
zunächst etwas zu fehlen. In Wirklichkeit
zeigt die Kombination aber Stärke mit einem
relativ linear, dabei aber neben aller dezenten
Kraft auch perkussiv und konturiert
agierenden Humbucker im Gegensatz zu dem
knochentrocken und bissig tönenden Vintage-
Singlecoil. Hier passiert wirklich etwas, wenn
man den PU wechselt, obwohl immer die
resonanten Anteile der semi-akustischen
Konstruktion das Bild mitprägen.

Schalten wir in den Zerrbetrieb, so wird
spontan klar, dass wir bisher nur die halbe
Wahrheit kennen gelernt haben. Nun zeigt
sich die Red Cat als wendiger Feuerteufel, der
vom Schwelbrand (Humbucker mit
bedämpften Höhen) bis zum Hitzesturm (SC
mit offenem Visier) das ganze Repertoire
vom Streichholz bis hin zum Flammenwerfer
in petto hat. Der Ton kommt in allen
Schaltvarianten schnell in Schwingung, zeigt
Festigkeit und Tiefe, lässt sich wunderbar
modellieren und atmet förmlich mit. Den
Mini-Humbucker zeichnet eine spezielle
schlanke Eleganz aus, die in dieser Gitarre
hervorragend zu Klang wird. Harmonisch
verschmelzende Obertöne sorgen für die
jubelnde Artikulation, der Anschlag-Attack
bringt Struktur und kitzelt wonnige Kingnotes
hervor. Dagegen agiert der Vintage-SC
direkter, krasser, wenn auch immer mit Stil.
Bissige Prägnanz á la Jeff Beck ist schnell
erzeugt, aber selbst mit gänzlich
zugedrehtem Ton-Poti drückt sie die oberen Mitten präzise
ins Bild und behält ihre Kraft in allen
Positionen, das nenne ich eine gute
Gewichtung. Feine Abstufungen sind mittels
Volumenpoti flexibel in Szene zu setzen, das
Instrument reagiert sensibel, aber konkret auf
alle Veränderungen technischer und
spieltechnischer Art. Bemerkenswert auch,
dass die Tonabnehmer untereinander kaum
Gefälle beim Umschalten zeigen, also wider
Erwarten sehr gut und ausgeglichen
miteinander harmonieren. Sicher brummt der
SC wie gewohnt und auch die
Zwischenstellung macht etwas Lärm, aber das
ist nun einmal so und hat gute Gitarren-
Sounds noch nie verhindern können.

resümee
So ist das nun mal mit den Katzen: mal
schnurren sie und das andere mal fauchen sie.
Die Red Cat von Andreas Lang trägt ihren
Namen wohl zu Recht, ist sie doch mit einer
großen Bandbreite reicher Sounds gesegnet.
Die semi-akustische Konstruktion gibt dem
Ton viel Lebendigkeit und Tiefe, die Wahl
der Pickups unterstützt darüber hinaus die
allgemein guten akustischen
Grundeigenschaften. Tonale Festigkeit,
offene harmonische Obertonstruktur und
perkussiver Anschlagreflex verschmelzen zu
einem wendigen, vielseitigen Instrument das
seinen Meister sucht. Untadeliges Handwerk
und geschmeidige Spielbarkeit ordnen sich
dem Prinzip optimaler klanglicher
Wertschöpfung zwanglos unter. Klasse Arbeit!



Übersicht

Fabrikat: Lang
Modell: Red Cat
Herkunftsland: Deutschland
Typ: Custom Thin Line Tele
Mensur: 650 mm
Hals: Ahorn, einteilig, Palisandergriffbrett, 21 Bünde
Halsform: rundliches D
Halsbreite: Sattel: 42,7; XII. Bund: 52,6 (mm)
Halsdicke: I. Bund: 21; XII. Bund: 25 (mm)
Korpus: Esche einteilig, Hohlkammerfräsungen, Riegelahorndecke zweiteilig, massiv, Ahornboden zweiteilig, massiv
Oberflächen: DD-Lack
Tonabnehmer: Gibson Mini-Humbucker (Hals), Fender Vintage-Singlecoil (Steg)
Bedienfeld: 1´ Volume, 1´ Tone, 3-Weg-Schalter
Steg: Gotoh Tele-Brücke mit 6 Einzelreitern
Sattel: Knochen
Hardware: verchromt
Mechaniken: Grover Mini-Rotomatics
Gewicht: ca. 3,0 kg
Vertrieb: Mannheim Repair Shop/Kieffers Music, D-68159 Mannheim
Preis: ca. DM 4300,- (in Euro 2500,-)

Plus:
Konzeption, flexible Sounds, Pickups, Hölzer, Verarbeitung
Minus:
Kopflastigkeit

Franz Holtmann




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